Darf der Chef auf die E-Mails von Mitarbeitern zugreifen?

04.12.2019

Mal eben einen Blick in den dienstlichen E-Mail-Account der Sekretärin werfen oder prüfen, ob der Sachbearbeiter seine elektronische Post zügig genug abarbeitet – damit bewegen sich Arbeitgeber auf einem juristischen Minenfeld. Denn inwieweit der Zugriff auf E-Mails von Angestellten gestattet ist, darüber herrscht rechtlich nach wie vor Unklarheit. Während neben diversen Rechtswissenschaftlern unter anderem auch die Aufsichtsbehörden den Chef als Anbieter von Telekommunikationsdiensten einstufen, sofern der Account auch privat genutzt werden darf, hielten einige Landesarbeitsgerichte das Telekommunikationsgesetz (TKG) für nicht anwendbar. Ein höchstrichterliches Urteil, welches Klarheit in dieser Sache bringen würde, blieb bisher allerdings aus.

Ausgehend davon, dass der Arbeitgeber tatsächlich als Anbieter von TK-Diensten gesehen wird, gilt Paragraf 88 des TKG. Demnach ist der Diensteanbieter zur Wahrung des Fernmeldegeheimnisses verpflichtet und würde sich strafbar machen, wenn er die E-Mails der Angestellten liest (Paragraf 206 Strafgesetzbuch).

Dieser Einschätzung folgten allerdings weder das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Aktenzeichen 4 Sa 2132/10), noch das Landesarbeitsgericht Niedersachsen (12 Sa 875/09). Das Verwaltungsgericht Karlsruhe und der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hielten Arbeitgeber ebenfalls nicht für Anbieter von TK-Diensten. Selbst dann nicht, wenn die private Nutzung von E-Mails gebilligt wurde. Im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe (2 K 3249/12, Rn. 65 vom 27. Mai 2013) heißt es: „Sinn und Zweck des Gesetzes [gemeint ist das TKG] ist es hingegen nicht, die unternehmens- beziehungsweise behördeninternen Rechtsbeziehungen – etwa zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer – zu regeln. Zwischen dem Kläger und dem Beklagten fehlte es somit an einer Beziehung, die eine Qualifizierung als „Diensteanbieter“ und „Dritter“ erlaubt.“

Auch vor dem Hintergrund dieser Gerichtsurteile sollte man sich nicht täuschen lassen und als Arbeitgeber einfach so mal in den E-Mails der Mitarbeiter stöbern. Schon allein das Ausbleiben eines klaren Verbotes der privaten Nutzung kann zu einer sogenannten „betrieblichen Übung“ führen, wodurch die Privatnutzung als erlaubt gelten kann. Aber auch wenn ein solch klares Verbot der privaten Nutzung, beispielsweise im Rahmen einer Arbeitsanweisung, ausgesprochen wurde, ist nicht alles erlaubt. Generell ist immer ein dokumentierter Grund erforderlich, wenn auf die elektronische Korrespondenz zugegriffen wird. Erfolgt ein solcher Zugriff, muss der Mitarbeiter informiert werden. Wichtig: Eine Leistungs- und Verhaltenskontrolle auf diesem Wege ist ebenso unzulässig wie die Überwachung der Mitarbeiter und das Lesen privater Nachrichten. Um hier in der Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Klarheit zu schaffen und Fallstricke bei betrieblich notwendigen Zugriffen auf Korrespondenz zu vermeiden, sollten entsprechende Regelungen getroffen und stets an aktuelle Entwicklungen angepasst sein. Hierfür kann es sinnvoll sein, externes Fachwissen hinzuzuziehen. Hier finden Sie eitere Details zum Arbeitnehmerdatenschutz.